Der Narr

Vielleicht war er tatsächlich ganz froh, mich dort oben zu wissen. Der Herr mochte es nicht, wenn ich herunterkam. „Auf deinen Platz, Narr, auf deinen Platz“, und ich duckte mich unter den Buckel und stieg auf den Sims. Er wollte mich nicht in seiner Nähe haben. Ganz gleich, wie betrunken er war, um mich machte er stets einen Bogen. Der Venezianer lachte, als ich ihm davon erzählte. „Natürlich, Närrchen, er fürchtet sich vor dir. Wie alle Herren fürchtet er sich vor dem Narren, nicht wegen des Buckels, wie die anderen Leute, sondern wegen der Lieder.“- „Die Lieder“, sagte der Venezianer, „sind mächtig, mein Freund, mächtiger als die Herren. Sie lassen sich nicht besiegen.“ Immer wieder hab ich an diesen Satz gedacht, den Satz von den mächtigen Liedern, und hab ihn doch nicht verstanden. Erst jetzt, Marie, wo alles vorbei ist, jetzt weiss ich: Es war keine Verheißung, was der Venezianer mir sagte, es war eine Warnung – und ich verstand sie nicht.

     Details

  • Herausgeber: Nagel & Kimche
  • Erscheinungdatum: 1. August 2004
  • Hardcover: 188 Seiten
  • ISBN: 978-3833415906

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